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Zwischen Klimaneutralität und Bezahlbarkeit: Thüringer Wohnungswirtschaft sucht Lösungen

Suhl – Jedes Jahr im Mai treffen sich Geschäftsführende und Vorstände der Thüringer Wohnungsgenossenschaften und kommunalen Wohnungsgesellschaften zur zweitägigen Tagung in Suhl. In diesem Jahr wurden die Fachvorträge und die Vorstellung der aktuellen Branchendaten ergänzt um die Verleihung des Thüringer Preises der Wohnungswirtschaft (gesonderte Pressemitteilung), der Feier des 10-jährigen Jubiläums der Verbändefusion sowie des Relaunches der Verbands-Webseite vtw.de.

Den Gebäudebestand klimaneutral weiterzuentwickeln und zugleich bezahlbaren Wohnraum zu erhalten, unter wirtschaftlich zunehmend schwierigen Bedingungen – das ist aktuell die größte Herausforderung. Die vom Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. (vtw) vorgestellten „Daten und Fakten 2025“ zeigen, dass die Branche bereit ist, Verantwortung zu übernehmen – und mit konkreten Lösungen auf die wachsende Spannung zwischen sozialer Leistbarkeit und energetischer Transformation reagiert.

„Unsere Mitgliedsunternehmen sind Stabilitätsanker – in Großstädten wie im ländlichen Raum“, betont Frank Emrich, Direktor des vtw. „Doch wir stoßen zunehmend an die Grenzen des Machbaren. Steigende Bau- und Finanzierungskosten bei gleichzeitig zurückbleibenden Einnahmen gefährden den notwendigen Neubau und den klimafreundlichen Umbau.“

Hohe Investitionen – aber Neubau stagniert

Im Jahr 2024 investierten die vtw-Mitgliedsunternehmen rund 500 Millionen Euro in ihre Bestände. Geplant war ursprünglich ein Volumen von 580 Millionen Euro. Realisieren ließ sich dies nicht, weil Baukosten, Zinsen und schleppender Förderung die Umsetzung vieler Vorhaben behinderten. Besonders deutlich ist der Einbruch im Neubau, der mit nur 48,9 Millionen Euro das niedrigste Niveau seit Jahren erreichte. 246 Millionen Euro flossen in Instandhaltung und 206 Millionen Euro in Modernisierungen.

Die Ursachen sind bekannt: Die Herstellungskosten für Neubau liegen in Großstädten inzwischen bei rund 4.500 Euro/m² (Quelle: ARGE eV). Sozialverträgliche Mieten lassen sich damit kaum darstellen – denn sie müssten bei über 17,50 Euro/m² liegen. Ein Preisniveau, das im Thüringer Markt nicht tragfähig ist.

Klimaschutz mit Substanz – 90 % des Bestandes sind energetisch effizient

Trotz der angespannten Lage zeigen die Zahlen, dass die Thüringer Wohnungswirtschaft beim Thema Klimaschutz eine Vorreiterrolle einnimmt: Über 90 Prozent der Wohnungen befinden sich in den Energieeffizienzklassen A+ bis D. Die Unternehmen investieren gezielt in energetische Ertüchtigung, altersgerechten Umbau und Quartiersentwicklung – mit steigenden Kosten, aber auch mit hohem Verantwortungsbewusstsein.

Gleichzeitig bleibt die Leerstandsquote mit 7,8 Prozent stabil – mit regionalen Unterschieden: In Erfurt, Jena und Weimar beträgt sie nur 4 Prozent, im ländlichen Raum liegt sie deutlich höher. 32 Prozent der Leerstände sind fehlender Nachfrage zuzuschreiben , weitere 21 Prozent resultieren aus Mieterwechseln oder geplanten Modernisierungen.

„Bereits jetzt ist der Abriss von mindestens 3.300 Wohnungen absehbar. Und auch Neubau wird notwendig sein. Mangels Alternativen verharren viele Mieter und Mietrinnen in den Städten in ihren Wohnungen. Denn in Thüringen prallen zwei Realitäten aufeinander: In den Städten fehlen Wohnungen, auf dem Land fehlen Mieter. Unsere Mitgliedsunternehmen entwickeln passgenaue Antworten – brauchen aber politische Rückendeckung“, sagt Verbandsdirektor Frank Emrich.

Bezahlbar Wohnen – bei steigenden Nebenkosten

Während die Nettokaltmieten in Thüringen im bundesweiten Vergleich niedrig bleiben – über 84 Prozent der vtw-Wohnungen kosten weniger als 6 Euro/m² (konkrete Zahlen für jede Region im pdf-Dokument „Daten und Fakten“) –, stiegen die Nebenkosten seit 2020 um 36%, die Kaltmieten nur um 9%.

„Wir erwarten in absehbarer Zeit eine Nebenkostendominanz, die weniger von der Bausubstanz, mehr vom Verbrauchsverhalten der Mieter und Mieterinnen sowie sehr deutlich von den Energieerzeugern und politischen Entscheidungen wie dem CO2-Preis beeinflusst werden wird und dadurch außerhalb des Einflussbereiches der Wohnungswirtschaft liegt“, sagt Verbandsdirektor Frank Emrich und er ergänzt: „Die Energieversorger müssen unbedingt bis zum Verbraucher denken und Kooperation mit Wohnungsunternehmen eingehen, um die optimalen Lösungen zu finden. Im Mittelpunkt sollte dabei immer Kosteneffizienz in Erzeugung und Dienstleistung stehen“.

Forderung an Politik: Klarheit, Planungssicherheit, Investitionsspielräume und das Wohnungsbauprogramm 2030 muss schnell und kraftvoll kommen

Die Mitgliedsunternehmen des vtw sichern Arbeitsplätze, fördern regionale Wertschöpfung und sorgen für stabile Mietverhältnisse. Doch sie übernehmen weit mehr als die klassische Vermieterrolle: Sie gestalten Nachbarschaften, begleiten den sozialen Wandel und investieren in Zukunftsprojekte – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

„Klimaneutralität und Bezahlbarkeit dürfen kein Widerspruch bleiben. Unsere Unternehmen suchen nach Lösungen – aber sie brauchen dafür gewisse politische Voraussetzungen.“, so Frank Emrich abschließend. „Wir erwarten eine verlässliche und pragmatische Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das angekündigte Wohnungsbauprogramm 2030 der Landesregierung muss zum Startschuss für die Reaktivierung der Bauinvestitionen werden. Damit werden erhebliche lokale Folgeinvestitionen ausgelöst, die wir dringend brauchen.“

Pressemitteilung als pdf
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Daten und Fakten 2025 als pdf
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Ihr Kontakt

Maximilian Laue
Referent für Betriebswirtschaft/Finanzierung
Telefon: +49 0361 34010-227
E-Mail: maximilian.laue[at]vtw.de